Man sitzt. Und sitzt. Man starrt das "[...]" an. Das verdammte "[...]", den Platzhalter in Kapitel 7, der da steht, weil man noch nicht genau wusste, wie der Rüstungsmogul D den Verteidigungsminister O genau anpöbeln muss, um von Thema A nach Thema B zu kommen. Denn es ist nicht ganz einfach, sich gedanklich in einen Rüstungsmogul zu versetzen, geschweige denn in einen Verteidigungsminister. Von der eigenen Mutter weiß man außerdem, dass man grässlichen Ärger kriegt, wenn man herumpöbelt.
Gut, es gibt da den wohlgemeinten Ratschlag: Schreib einfach drauf los, schließlich meißeln wir heutzutage unseren Text nicht mehr in Stein. Wir haben Textverarbeitung. Mach dir Lesezeichen an den Rand, du kannst das später noch regeln. Also steht da für später auf dem Bildschirm "[...]".
Jetzt ist es später. Überarbeitung des Ganzen ist angesagt. Inzwischen ist Kapitel 8 fertig, und Kapitel 9 ist zur Hälfte durch. Aber immer noch würde man Kapitel 7 am liebsten erwürgen.
Man starrt es an.
Es starrt zurück.
"[...]"
Und es gewinnt den gedanklichen Ringkampf, indem es die Gedanken nur noch mehr verknotet. Ein kleiner Blick in meinen Kopf gefällig?
Ich suche Entwirrung. Als Kind der Generation Google gehe ich davon aus, wie üblich, im Internet zu finden, was ich brauche. "Spontane Selbstentwirrung" haben die Suchmaschinen leider nicht im Angebot, dafür stellt sich heraus, "World Wide Web" ist nur eine andere Bezeichnung für Selbsthilfegruppe bei Schreibblockaden. Immerhin weiß ich nun, dass ich eine Schreibblockade näher spezifizieren muss, um die geeignete Methode zu finden.
Was es da nicht alles für Ausprägungen gibt! Uiuiui! Innerer Schweinehund, äußere Ablenkung, Angst vor dem inneren Kritiker, zu wenig recherchiert, zu viel recherchiert, zu wenig Zeit, zu viel Druck ... Das alles trifft es nicht so richtig. Weil ich aber nur in Kapitel 7 nicht schreiben kann, anderes aber sehr wohl geht (einen Blog einrichten, im Forum posten, E-mails schreiben und sogar die Idee fürs Nachfolgewerk vorantreiben), diagnostiziere ich, dass ich eigentlich überhaupt nicht an einer Schreibblockade herumdoktere, sondern an ganz etwas anderem. "Kopfknoten" gebe ich schließlich als Suchbegriff ein und lande beim Fliegenfischen oder bei der Java-Programmierung. Faszinierend, beides, hilft nur leider nicht weiter, außer dass es mich erfolgreich zwanzig Minuten von der Arbeit abgelenkt hat.
Disziplin, Nel, konzentrier dich!
Nein, eigentlich sieze ich mich in solchen Situationen, um die professionelle Distanz zu wahren. Also: Ich bitte Sie, Frau Blu, reißen Sie sich doch endlich zusammen!
Ich reiße mich also endlich zusammen und besinne mich, wie immer, wenn gar nichts anderes mehr hilft, aufs Handwerk: Im Zweifelsfall streiche alles Unnötige. Und siehe da, kaum entzieht man dem Dialog die Möglichkeit zum Mäandern, fließt der Text wieder und spült das "[...]" davon.
Sollte der gute alte Mark Twain am Ende doch recht gehabt haben?
"Schreiben ist leicht." hat er gemeint. "Man muss nur die falschen Wörter weglassen."
Natürlich hatte Mark Twain Recht. Mark Twain hat immer Recht. Er sagte ja auch: "Es gehört viel Sinn dazu, guten Unsinn zu schreiben."
AntwortenLöschenIch finde, das taugt zum Trost - demokratisch für jedermann. ;-)
"Guter Unsinn" ist jedenfalls für mich ein feiner Anspruch ans eigene Werk. ;-)
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