Sonntag, 11. März 2012

Selbstbestechung

Hin und wieder kommt es vor, dass althergebrachte Formen der Mitarbeiterführung nicht mehr greifen. So geschah es, dass Nel-Chef (also ich) mit Entsetzen feststellen musste, dass Nel-Schreibkraft (ebenfalls ich) die Arbeit an Kapitel 15 beinahe verweigerte. Schlimmer noch: Auf die übliche Motivation per Tritt in den Hintern reagierte Nel-Schreibkraft mit einer Bemerkung, die hier entschärft wiedergegeben werden soll mit: "Du kannst mich mal." Und ich kann in dieser Haltung sehr stur sein.

Esel machen ja viel mit, aber wenn sie dann genug haben, haben sie gründlich genug. Den Tritt in den Hintern nehmen sie dann noch hin, aber darauf reagieren? Im Leben nicht. Nel-Chef griff also in die pädagogische Trickkiste und suchte nach Mitteln der positiven Verstärkung. Nur was verstärken? Die Mitarbeiterin für ihre Sturheit im Amt auch noch zu loben, das könnte nach hinten losgehen. Und auf ein "Tschakka-du-schaffst-es" war aus Mitarbeiter-Sicht ein Stinkefinger die einzig logische Antwort.

Aber es gibt da dieses berühmte Bild von der Karotte, die man an einer Schnur dem Esel vor die Nase hält. Es schien mir eine brauchbare Strategie zu sein, wieder in die Hufe zu kommen. Nur dass in meinem Fall die Schnur die Karotte ist. Sozusagen. Ganz präzise ist die Schnur-Karotte nämlich ein Garn.


Manche werden sich daran erinnern, dass ich in letzter Zeit das Stricken wiederentdeckt habe. Dem Kissenbezug habe ich noch zwei Paar Socken nachgelegt, und ich genieße es sehr, abends ein wenig über den klappernden Nadeln zu meditieren. Nachdem ich ja immer noch von meinem irischen Seemannspullover träume, bin ich schon seit Monaten virtuell um "meinen" echten Aran-Tweed herumgeschlichen. Direkt aus Irland, 100 Prozent von irischen Schafen. Aber solch eine Extravaganz wollte ich mir nicht leisten, mal nicht ohne Anlass.

Der Anlass kam. "Sonderangebot, nur im Februar." Und in meiner favorisierten Farbe, "Hafer" – dunkelbeigegrau mit dunklen und blauen Sprenkeln, waren sogar noch genügend Stränge für einen Pullover in meiner Größe verfügbar. 

Aber da war ja noch das Ding mit der Karotte und dem Esel. "Erst Kapitel 15, dann darfst du anfangen zu stricken."

Man glaubt gar nicht, was so ein bisschen Selbstbestechung alles ausrichten kann und wie schnell sich Kapitel 15 wie von selbst erledigte.

6 Kommentare:

  1. Huch? Das klappt? Erst schreiben, dann stricken?

    Wunderbar! Ich bin beeindruckt. Trotzdem glaube ich, dass dich ein klein wenig die praktische Vernunft beflügelt hat, denn echte, irische Schafe im Juli bei 30° zu verschränken, das wäre dann doch nicht ganz das Passende zu dem, was man gemeinhin als Belohnung versteht. ;-)

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  2. Ja, das klappt. Wenn man das Muster hat, die Traumwolle und dann loslegen will, wenn man fiepend in den Startlöchern steht und mit den Eselshüfchen scharrt ...
    ... mal abgesehen davon, dass inzwischen ZWEI Beta-Leserinnen mir im Nacken sitzen ...
    ... dann geht plötzlich was. *grins*

    Aber du hast recht. Es war auch ein bisschen Vernunft bei. ;-)

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  3. Beta 2 wartet schon mindestens genauso hüfchenscharrend auf Kapitels 16 - 30. Aber das weisst du. ;-)

    Für mich wäre stricken ja eher eine Strafe. Also im Sinne von: "Mach jetzt gefällig hinne - or else..." (Davon mal ganz abgesehen wäre die schöne Edelwolle bei mir sowieso eher Perlen vor die handarbeitlich minderbemittelten Säue.)

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  4. Jaja, ich weiß! ;-) 16 und 17 sollten diese Woche auf jeden Fall den Weg zu dir finden.

    Und diese Wolle zu verstricken wäre für deine Gräten nix, so ganz unabhängog von jeder Begabung. Ich bin jetzt in der Mitte vom Rückenteil und kann dir sagen: Das Gewicht auf der Hand ersetzt dir glatt den Kraftraum. ;-)

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  5. *hüstel* ich stricke nicht.
    Mir sitzen zwar keine ungeduldigen Betaleser im Nacken - aber der einfach nicht kleiner werdende Bügelwäscheberg genau hinter mir und meinem PC.... Diese Idee mit der Karotte gefällt mir.
    LG, Klarissa

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  6. Klarissa, wenn der Berg genau hinter dir liegt, brauchst du ihn wenigstens nicht die ganze Zeit anzuschauen. :-) Ist eine sehr gute Idee. *find*

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