Mittwoch, 31. Dezember 2014

Jahreswechselgrüße

So viel Aufregendes ist in diesem Jahr passiert – ein richtiges Kontrastprogramm zu 2013. Nun fand und findet das Spannendste offline statt, und ich komme nicht regelmäßig dazu, alles schriftlich und im Bild festzuhalten. Mir ein Pferd zu kaufen war vielleicht eine der verrücktesten, aber auch gleichzeitig eine der besten Entscheidungen, die ich je getroffen habe.

Der Südländer kommt mit dem Winterwetter gut zurecht.

Bonito ist richtig gut angekommen in seiner neuen Herde. Die portugiesisch-isländische Völkerverständigung klappt hervorragend. Oma Leitstute hat den Bub sozusagen adoptiert, und mit dem alten Wallach hat er sich zum binationalen Sportteam zusammengetan, und die beiden verfeinern täglich ihr Curling mit dem Futterbottich.

Die portugiesisch-alemannische Völkerverständigung (speziesübergreifend) ist auch auf einem guten Wege. Zum einen ist es schön zu hören, wenn man als Pferd-Mensch-Einheit wahrgenommen wird. Einmal alleine im Dorf unterwegs, und man wird ohne Pferd schon nicht mehr erkannt. ;) Zum anderen hat sich auch das Vertrauen zwischen Pferd und Mensch gut entwickelt. Bonito ging schon einige Male als Führpferd bei den Ausritten, auch Solo-Ritte haben wir schon gewagt. Unser Winterprogramm wird sich voraussichtlich schwerpunktmäßig im Viereck abspielen, damit sich der Bub auch da zurechtfinden lernt. Das ist zumindest der gute Vorsatz fürs neue Jahr.

Einer der Vorsätze, sollte ich besser sagen. Denn nun, da der Kopf auf meinen Schultern sich wieder anfühlt, als sei es mein eigener, möchte ich mich auch wieder verstärkt den Buchstaben und den Bildern widmen.


Liebe Freundinnen, Freunde, Leserinnen und Leser, euch allen einen schönen Jahreswechsel und meine allerbesten Wünsche, vor allem Glück und Gesundheit.

Wir sehen uns 2015 in neuer Frische!
Eure Nel

Samstag, 18. Oktober 2014

Bärli sucht sein "Om"

Während sein Teilzeitbabysitter Bonito so cool findet, dass er ihn nächstes Jahr nach Wacken mitnehmen will, machte unsere Reitlehrerin eine „grundsätzliche innere Unruhe“ in Bonito aus. Dem möchte ich mich (beidem) nicht anschließen. Jedenfalls nicht grundsätzlich. Ja, es stimmt, hin und wieder reagiert er in Situationen, die ihn überfordern, etwas … iberisch, würde ich mal sagen. Deshalb suchen wir uns wahrscheinlich lieber ein Bailando-Festival aus anstatt zu den Metallern zu gehen, zumal der Bub ja auch kein Bier mag. 
(Aber das ist eine andere Geschichte.)

Doch eine grundsätzliche Unruhe? Nein. Bei der Bodenarbeit zum Beispiel ist er absolut ruhig, solange er mich im Blick hat. Arbeite ich jedoch hinter der Schulter, habe ich es oftmals mit Geschnaufe, Geschnarche, viel Vorhandaktion und einem für einen Wallach beinahe unangemessenen Kragen zu tun. Inzwischen gehe ich davon aus, dass die Unruhe davon kommt, dass er sich unsicher ist, was von ihm erwartet wird: „Hallo, Mensch, gib mir mehr Sicherheit! Führe mich!“ Für ein junges Pferd ist das völlig legitim. Zumal er sich sehr bemüht, zu erraten, was man gerade von ihm möchte.

Bärlifüße - tiefenentspannt

Eine deutliche Verbesserung (wenn auch noch kein richtiges Om) ist in der letzten Zeit eingetreten. Ich kann jetzt die Früchte der ausführlichen Bodenarbeit ernten: An den Stimmhilfen kann Bonito sich inzwischen sehr gut orientieren, auch wenn er mich nicht sieht, zum Beispiel weil ich im Sattel sitze oder am Langzügel arbeite.

Es ist kein Problem, ohne Begleitung anderer Pferde an der Hand in fremdem Gelände spazierenzugehen. Vor allem auf Waldwegen, bekannt oder unbekannt, senkt sich Bonitos Kopf, das Pferd entspannt sich, und ich habe immer öfter den Eindruck, dass wir beide hier ganz bei uns sein können. Auch auf den Ausritten macht sich das bemerkbar. Obwohl die Touren unbekannt sind, auch die Reiter sich erst kennenlernen müssen, und die Pferde zwar miteinander in der Herde leben aber keine Routine haben, miteinander zu laufen, ging vom ersten Ritt an alles gut. Sogar jene Mitreiter, die anfangs noch ein wenig über meine wochenlange Fußgängerei zu Beginn grinsten, mussten auf dem „Jungfernritt“ zugeben, dass sie bei einem Sechsjährigen mit wesentlich mehr Spektakel gerechnet hatten.

Es ist also wahrscheinlich im Wald, das Om. Wo genau, das weiß ich nicht. Aber wir werden hoffentlich viel Freude daran haben, unterwegs zu sein und es zu suchen.

Donnerstag, 25. September 2014

Zwergenaufstand

In den Morgenstunden baten zwei Polizeibeamten um Unterstützung. Falls man zuständig sei: Ein „ziemlich dickes schwarzes Pony“ sollte bitte am Parkplatz des nahegelegenen Discounters abgeholt werden. Die Beamten vor Ort seien der Situation nicht mehr gewachsen. Versuche, den Mini-Marodeur in einem Häuschen für Einkaufswagen festzusetzen, schlugen immer wieder fehl. Schlussendlich konnte der Übeltäter dingfest gemacht werden, da er sich im Schaufenster des benachbarten Möbelhauses spiegelte, sich spontan in sein Spiegelbild verliebte und wie angewurzelt davor stehen blieb.

Jetzt auch mit Polizeiakte.
Man hörte ja nun einiges von Autonomiebestrebungen jenseits des Hadrianswalls. Vermutlich war damit nicht gemeint, dass hierzulande Shetties frei herumlaufen und den Stadtteil in Angst und Schrecken versetzen dürften. Vielleicht suchte er auch nur – etwas verspätet – das Wahllokal?

Der Kollege Fuchs aus Wales indessen vertrieb sich die Zeit, die er alleine verbrachte, mit dem Design keltischer Knotenkunst für seine Mähne.

Nicht immer will man wirklich wissen, was in Ponyköpfen so vor sich geht. Dieses Mal jedoch wäre ich wirklich neugierig, was er sich dabei wohl gedacht hat.

Samstag, 20. September 2014

Kann ich es essen?

Die erste Frage lautet immer: Kann ich es essen? Die zweite: Frisst es vielleicht mich? Die dritte Frage ist: Kann ich es nicht doch vielleicht essen? 

Liebe geht, auch beim Equiden, gerne mal durch den Magen. Bald hat das Pferd raus, welche Knöpfe man beim Zweibeiner drücken muss, damit der sich in einen Keksautomaten verwandelt.

Bitte beim Essen nicht stören ...
Die Rascheltüte

Dadrin ist immer was fürs Pferd. Immer! Nicht rascheln, wenn du es nicht ernst meinst. Denn Pferde zerlegen auch gern mal eine Tüte, um zu beweisen, dass doch was für sie drin ist, auch wenn ihr Zweibeiner das Gegenteil behauptet. Zur Not frisst Pferd eben die leere Tüte, nur um recht zu behalten.

Es soll auch Leute geben, die darauf ausweichen, ihre Leckerlis in der Jackentasche mitzuführen. Diese Leute erkennt man am ausgefransten Taschensaum, „destroyed look“ durch forsche, forschende Pferdenasen.

Die Futterschüssel

Die Kontrolle übers Futter hat stets der Herdenchef. Dies kann sich der Equidenbesitzer (oder auch die Rossmagd zweier Mini-Macker) in Macchiavelli-Manier auch zunutze machen. Der Anspruch des Shettys war nämlich: „Ich bin ein Pony, ich bin süß, und deswegen kriege ich jetzt sofort von dir was zu essen.“ Untermauert natürlich von einem selbstbewussten „Happs“ in Richtung der Menschenhand, egal, ob diese gerade tatsächlich fütterte oder nicht. Das Waliser Füchsle hingegen sprang bei der Zuteilung des Müslis mit einer Attitüde von augenrollendem Ungetüm dem Fütternden geradezu auf den Arm.

Beides fand die Rossmagd wenig prickelnd. Zunächst einmal wurde sehr zum Betrübnis der beiden Ponys das Füttern aus der Hand gestrichen. Außerdem wurden Tischsitten eingeführt bei Heu- und Müslifütterung. Jaha! Das Pony hat zu warten, bis der Herdenchef das Futter auch zum Essen freigibt. Da steht man dann so als Mensch vor dem Heuhaufen und versucht, sich nicht selbst auszulachen, wenn man dem Pony weiszumachen versucht: „Du musst warten, weil das ist meins.“

Der Bastelkeks (auch Arbeitskeks)

Dieses Leckerli gibt es nicht umsonst. Es ist ein sogenanntes Futterlob, also ein Motivationskeks. Dafür muss das Pferd sich schon anstrengen. Sei es füßisch oder auch mit dem Kopfe. Denken wird – im Gegensatz zur wirklichen Welt – nämlich von mir auch mit einem Keks belohnt. Beim Futterlob ist das Timing wichtig, um Lob mit der Handlung zu verknüpfen. Sonst begreift das Pferd den Zusammenhang nicht, wird zum Bettler, und man beginnt von neuem, Heuhaufen zu besetzen – siehe voriger Abschnitt.

Die Suchbirne

Als jemand, der seinem Vierbeiner ein verlässlicher Zweibeiner sein will, erfindet man auch gerne Rituale. Um das letzte Leckerli, welches das Pferd am Ende auf die Weide in seine Freiheit entlässt, von den Arbeitskeksen zu unterscheiden, reiche ich es in Bodennähe. Jetzt in der Obstsaison auch gerne mal in Form von Äpfelchen oder Birne, die ins Gras kullert. Während die Schnobernase durchs Gras stöbert, kann sich der Keksautomat von dannen schleichen.

Immer die Frage im Hinterkopf: Wurde das arme, verhungernde Tier auch wirklich genug gefüttert?

Dienstag, 19. August 2014

Von Wikingern und Wohngemeinschaften

Der kleine Lusitano war komplett unvorbereitet auf das, was ihn in seiner neuen Wohngemeinschaft erwartete. Als einziger Schimmel und einziger Großer unter lauter isländischen Wikingern. Wie Ramon Martinez Congaz in Flake[1]. Er trägt es jedoch mit Fassung. Die Isländer auch. Schließlich ist das nicht das erste Jungpferd, das die Herdenchefin sich zu einem brauchbaren Herdenmitglied heranziehen muss.

Es ging alles viel leichter, als erwartet. 

Ganze 20 Minuten dauerte es nur, bis die Herde das wahrscheinlich freundlichste Pferd der Welt aufgenommen hatte. Der alte Wallach stänkerte zwar ein wenig rum, Bonito ging stiften und versteckte sich hinterm Stallbesitzer. Die Herdenchefin maßregelte … den alten Wallach, was denn das für ne Begrüßung sei, schließlich sei der Neue ja nett und höflich gewesen. Und bald darauf ging die Herde in neuer Konstellation und in Ruhe grasen.

- „Der springt aber nicht über den Zaun, oder?“
- Nein, er ist kein Springpferd, und wieso sollte er von der Herde weggehen? Er fühlt sich doch wohl dort.

- „Der ist so groß und so jung, wenn der mein armes zartes Stütchen besteigt ...“
Das arme zarte Stütchen ist kompakt und fast so breit wie hoch und belästigt eher den jungen hübschen Wallach als umgekehrt.

- „Was schreit da grade?“
- Nun … die Herdenchefin gegen den alten Wallach, weil wegen irgendwas. Bonito stand nur interessiert daneben.

Die Herdenchefin erklärte sich im Folgenden zu Bonitos persönlicher Babysitterin, und eine neue beste Freundin hat er auch: Die blonde Füchsin achtete in den ersten Tagen stets darauf, zwischen Bonito und dem alten Wallach zu stehen und eventuelle Pseudo-Macho-Aktionen seitens des Seniors zu unterbinden.

Es hat wirklich etwas für sich, wenn Pferde im Herdenverband aufwachsen. Den meisten, die so sozialisiert wurden, ist klar, wie sie sich einer Herde nähern müssen und passen ihr Benehmen dem an. Gibt es über die Zeit wenig Änderungen in der Struktur der Herde, wird man kaum Probleme mit der Integration haben. Die großen Weiden und die stabile Herde – Erfahrung mit Herdenmitgliedern nichtisländischer Herkunft vorhanden – waren die beiden wichtigsten Gründe, mich für diesen Stall zu entscheiden, obwohl der Bub nun mal völlig aus der Art schlägt.

Aussicht auf Kühe: ein zukünftiges Hirtenpferd?


Der Fanclub für Bonito wuchs jeden Tag, trotzdem holte ich mir regelmäßig Rückmeldung von den Stallbesitzern. Benahm sich der Bub auch, wenn ich nicht gerade hinsah? (Ja, das ist fast wie Kinder in die Kita zu geben … ;-) ) Schließlich bin ich mit Lusitanos noch unerfahren, aber Fachleute und Lusitanobesitzer in meinem Bekanntenkreis hatten mir vom ausgesprochen guten Charakter und der Menschenbezogenheit vorgeschwärmt. Ich war erleichtert, dies nun bestätigt zu bekommen: Ja, er benimmt sich. „Der ist der bravste von allen, ein richtiges Bärli.“ 

Inzwischen hat er sogar mit dem alten Wallach Freundschaft geschlossen, ich habe schon mehrfach beobachtet, wie die Jungs einträchtig nebeneinander standen.

Nur wenn Bonito mit Kühen konfrontiert wird, dann guckt und schnauft er ein bisschen iberisch. Sind das die Stierkampf- und Hirtengene? Das werden wir wohl dann erst wissen, wenn er sich beim Rinder-Umtreiben als Hilfskraft anbietet.



Mittwoch, 13. August 2014

Statusänderung

Als ich im Frühjahr aus dem Winterschlaf auftauchte und mich wieder ins Leben und den Alltag begab, erwachte auch wieder der Wunsch zu reiten. Mein Optimismus, wieder eine Möglichkeit zu finden, mich in den Sattel zu schwingen, hielt nicht lange vor. Der Markt der Reitbeteiligungen ist hart umkämpft, die hiesige Szene – hmja – überschaubar.

Da kam eine Eingebung des Wegs, ein Zufall hinterher, eine geöffnete Tür hier, eine kleine Fügung dort. Vielleicht auch eine günstige Sternenkonstellation, wer weiß das schon. Ich verbrachte viel Zeit damit, nachzudenken, zu rechnen, Bestand aufzunehmen – manch einer in meinem Umfeld fürchtete schon, die neuen Medikamente hätten mich abermals betäubt. Doch es war nur eine größere Machbarkeitsstudie.

Die Studie brachte mich zu dem Fazit: Allem zum Trotz (Grüße von hier aus an Copine) würde ich es wagen, ein eigenes Pferd zu kaufen. Der Wunsch war ja auch erst vierzig Jahre alt. ;-) Das war Schritt Nummer eins.

Der zweite Schritt, das „Outing“, war beinahe noch schwieriger als der Entschluss an sich. Denn das Herz über die Entscheidungshürde zu werfen – und das laut zu sagen – bedeutete ja, dass ich nunmehr konkret hinterherspringen musste. Vor allem, da mir auch noch ein Platz in einer Offenstall-Gruppe zulief.

Ganz im Gegensatz zu meinen Befürchtungen sahen die meisten, denen ich meinen Plan gestand, den Pferdekauf nicht als hirnloses Abenteuer. Viele dieser ausgesprochen erfahrenen Pferdemenschen (die Familie, mein ehemaliges Mit-Ponymädel von vor vielen hundert Jahren, meine Ponybesitzerin und nicht zuletzt die kampferprobten Zossengörls) waren bereit, auch noch die hundertste Frage zu beantworten, den hundertundersten Zweifel zu diskutieren, und keiner geizte mit gutem Rat. Hatte ich doch nur Vorstellungen von Alter, Größe und Eignung und brachte alle zur Verzweiflung mit „Farbe egal“, „Rasse leg ich mich erst gar nicht fest“, „ich hab ein ungefähres Budget“.

Einen der Tipps hörte ich öfter: „Lass das Herz sprechen.“ Beziehungsweise: Achte auch darauf, wie ein Pferd dir begegnet. Gibt es eine spontane Sympathie? Die kann am Ende nämlich wichtiger sein als perfekte Papiere oder die festgelegte Stockmaß-Grenze.

Derart gut betreut und gut begleitet – und zu diesem und jenem auch dezent hingeschubst, landete ich auf der Ferme Rando bei Tanja und Stefan. Dort begegnete mein Herz einem jungen Lusitano-Wallach. Als ich vor ihm stand, ahnte ich, als ich aufgesessen war, hoffte ich, nach dem Proberitt war das Gefühl da: Ja! Und dieses Mal durfte ich das Pferd auch tatsächlich haben, das im Herzen meines war. 

Alle Hungerburger Pferdefreunde werden jetzt wahrscheinlich über meine Wahl grinsen: Ein Schimmel, nicht zu groß, Sommersprossen, lange Ohren, und der Name fängt mit B an.
Herzlich willkommen in meinem Leben, Bonito!

Sonntag, 10. August 2014

Halten Drachen Winterschlaf?

Also, das kann man natürlich nicht verallgemeinern. 

Wenn Drachen, wie sie sich Klein Fritzchen so vorstellt, reptiler Natur und somit wechselwarme Lebewesen sind: Nein, dann halten sie Winterstarre, wenn es kalt genug ist. 

Wenn mit „Drache“ ich gemeint bin: Ja, dann kann man das wohl als Winterschlaf bezeichnen: Ich wurde ohne nennenswerten Erfolg mit Medikamenten gegen meinen dummen Kopf behandelt, aber damit erfolgreich sediert. Und ja, das hat auch all meine Projekte, darunter eine Fantasy-Geschichte mit Drachen, erst mal aufs winterliche Eis gepackt.

Ruhender Drache. Im Hintergrund ein Pony.
  
Nachdem ich nun aber wieder wach bin (bessere Drogen!), habe ich auch Brillibald und Brunigunde[1] wieder aufgetaut. Nein, nicht in der Mikrowelle! Das wäre nicht gut, Brillibald trägt Rüstungsteile aus Metall. Ein sanftes Auftauen, damit sich die beiden nicht erschrecken. Aber es dauert dann etwas länger.
 

Immer, wenn ich mit Abstand auf meine Geschichten blicke, erscheinen sie mir furchtbar langweilig und trivial, und dann wird die Geschichte umgeschrieben. 

Erwähnte ich schon mal irgendwo, dass ich mich stets so lange an Kleinigkeiten aufhalte, dass ich nicht ans Ziel komme? Jedenfalls wurden meine beiden Helden, der Mann von Tugend und das Fräulein mit dem Schwert nicht nur generalüberholt, sondern auch auseinandergenommen, die Einzelteile wurden geputzt, kritisch begutachtet und renoviert. Wenn alles dann (hoffentlich bald) wieder zusammengesetzt wurde, ist es eine Szenenoutline. 


Bei diesen Outlines bediene ich mich gerne aus dem Werkzeugkasten für Drehbücher. Zwar ist es für mich nicht so wichtig, ob die Szene innen (Studio) oder außen stattfindet. Schließlich „kosten“ die Buchstaben für den Roman immer dasselbe, der Aufwand ist immer der gleiche, egal, was gerade in der Geschichte passiert. Bei Dreharbeiten sieht das natürlich ganz anders aus.
Aus der Outline entsteht dann bei mir ein „Scriptment“, eine Mischung aus Script und Treatment[2]. Kein reines Treatment, da ich gerne schon mal Dialoge einarbeite. 

Meiner (ganz persönlichen) Arbeitsweise kommt es entgegen, an jener Stelle in der Geschichte weiterzumachen, an der ich gerade eine Idee habe. Diese Form der Entwicklung bietet mir den Vorteil, dass ich mich dabei auf das Sichtbare der Geschichte konzentrieren muss und auf ihren Spannungsbogen. Außerdem erlaubt mir diese „Routenplanung“, nichtlinear zu arbeiten, ohne mich zu verzetteln. Solange ich mich nicht an Kleinigkeiten aufhalte. 

Aber nachdem ich so lange geruht habe, sollte ich jetzt mit Frische ans Werk gehen können und meine Drachen ein ganzes Stück weiter voran bringen. 

Bis der nächste Winter kommt.



[1] Namen von der Redaktion geändert

„Ein Treatment [...] bietet eine vorläufige Strukturierung des Drehbuchs. In der Regel konzentriert es sich auf die Hauptgeschichte, vermittelt aber zugleich alle notwendigen Informationen, die der Leser braucht, um die Entwicklung der Figuren, ihre Motivation sowie die zentralen Fragen (und deren Antworten) und Themen zu erfassen.“

Mittwoch, 6. August 2014

Ponys sind wie Kartoffelchips ...

... man kann nie nur eines davon haben.


Ein bisschen jammern sei im Rahmen, sagte mein Facharzt, das Krankheitsbild gestatte dies durchaus[1]. Ihm blieb jedoch das Lamento erspart, als ich mich letzten Sommer aus gesundheitlichen Gründen entschloss – entschließen musste, das Reiten vorerst sein zu lassen. Vermutlich hätte er mir die Jammer-Lizenz sofort wieder entzogen.

Glück im Unglück hatte ich, auf kalten Pferde-Entzug kam ich nicht. Eine Bekannte bat mich, bei der Pflege ihrer beiden Gnadenbrot-Ponys vom Tierschutz auszuhelfen. Papa Blu meinte: „Nimm ein Vergrößerungsglas mit.“ Die beiden Mini-Macker (ein Shetty-Hengst und ein Welsh-Hengst) leben als Landschaftspfleger nicht weit von der Casa Blu. Sie verhindern, dass eine Wiese verwildert. Ich verhindere, dass die Ponys verwildern.
Dabei sehen sie so harmlos aus!

Als ich den „Job“ antrat, befürchtete ich schon, jeden Morgen zwei Marodeure in den Vorgärten des Viertels zu suchen. Vorsorglich erkundigte ich mich schon einmal nach einer Quelle für NATO-Draht zur Sicherung der Weidegrenze. Man hat ja schon viel vom Ausbrecher-Gen der Shettys gehört und vom Schalk, der ihnen im Specknacken sitzt.

Tatsächlich fand der Mini bald eine Taktik, den Weidezaun zu überwinden. Die Shetty-Arschbombe gegen die Elektrolitze lässt sich jedoch leider nicht patentieren, da sie bei „mehr Power“ auf dem Zaun nicht mehr ausgeführt werden sollte. 

Mittlerweile hat sich alles eingespielt, sie haben sich gut eingelebt und zu fröhlichen – und erfolgreich entrüpelten – Ponys entwickelt. Der Flurschaden hält sich in Grenzen.

Doch immer wieder aufs Neue gerührt bin ich über das zweistimmige Trompeten-Duett, mit dem sie nun täglich „ihre Menschen“ zum Stalldienst begrüßen. Wenn man so etwas zurückbekommt, fällt der Weg zum Ehrenamt leicht. 

Auch an Tagen, an denen man ein wenig jammern wollte.




[1] Das Jammern findet auf hohem Niveau statt. Trotzdem sind acht mal Migräne pro Monat Mist.


Dienstag, 5. August 2014

Wer hat an der Uhr gedreht?


Madame, verzeihen Sie bitte ...
Liebe Spinne, nimm es mir nicht übel, aber ich muss hier endlich mal mit dem Staubwedel durch. Kaum zu glauben, dass sogar die virtuelle Welt so viel Spinnweben ansetzt, wenn man sich eine Weile nicht kümmern kann. Da hat man nur ein paar mal geblinzelt, plötzlich sind eineinhalb Jahre um, und Deutschland ist Fußball-Weltmeister. Eineinhalb Jahre bin ich älter geworden und habe die Menschheit gar nicht dran teilhaben lassen. Wie unhöflich! Für alle die, die unbedingt wissen wollen, was sich geändert hat in all der Zeit: Graue Haare habe ich bekommen. Drei Stück. Eine Theorie wäre, dass die grauen Zellen sich vermehrt und innen im Kopf keinen Platz mehr haben. Folgen wir einfach dieser Theorie. Vielleicht, wenn ich ganz doll fest dran glaube, stimmt es ja, und das Denken, Schreiben, Bilder machen fällt den grauen Zellen wieder leichter. 

Was sich sonst noch so alles geändert hat, davon werde ich in nächster Zeit berichten.

Was sich sonst noch so alles ändern wird, darauf bin ich gespannt.