Dienstag, 19. August 2014

Von Wikingern und Wohngemeinschaften

Der kleine Lusitano war komplett unvorbereitet auf das, was ihn in seiner neuen Wohngemeinschaft erwartete. Als einziger Schimmel und einziger Großer unter lauter isländischen Wikingern. Wie Ramon Martinez Congaz in Flake[1]. Er trägt es jedoch mit Fassung. Die Isländer auch. Schließlich ist das nicht das erste Jungpferd, das die Herdenchefin sich zu einem brauchbaren Herdenmitglied heranziehen muss.

Es ging alles viel leichter, als erwartet. 

Ganze 20 Minuten dauerte es nur, bis die Herde das wahrscheinlich freundlichste Pferd der Welt aufgenommen hatte. Der alte Wallach stänkerte zwar ein wenig rum, Bonito ging stiften und versteckte sich hinterm Stallbesitzer. Die Herdenchefin maßregelte … den alten Wallach, was denn das für ne Begrüßung sei, schließlich sei der Neue ja nett und höflich gewesen. Und bald darauf ging die Herde in neuer Konstellation und in Ruhe grasen.

- „Der springt aber nicht über den Zaun, oder?“
- Nein, er ist kein Springpferd, und wieso sollte er von der Herde weggehen? Er fühlt sich doch wohl dort.

- „Der ist so groß und so jung, wenn der mein armes zartes Stütchen besteigt ...“
Das arme zarte Stütchen ist kompakt und fast so breit wie hoch und belästigt eher den jungen hübschen Wallach als umgekehrt.

- „Was schreit da grade?“
- Nun … die Herdenchefin gegen den alten Wallach, weil wegen irgendwas. Bonito stand nur interessiert daneben.

Die Herdenchefin erklärte sich im Folgenden zu Bonitos persönlicher Babysitterin, und eine neue beste Freundin hat er auch: Die blonde Füchsin achtete in den ersten Tagen stets darauf, zwischen Bonito und dem alten Wallach zu stehen und eventuelle Pseudo-Macho-Aktionen seitens des Seniors zu unterbinden.

Es hat wirklich etwas für sich, wenn Pferde im Herdenverband aufwachsen. Den meisten, die so sozialisiert wurden, ist klar, wie sie sich einer Herde nähern müssen und passen ihr Benehmen dem an. Gibt es über die Zeit wenig Änderungen in der Struktur der Herde, wird man kaum Probleme mit der Integration haben. Die großen Weiden und die stabile Herde – Erfahrung mit Herdenmitgliedern nichtisländischer Herkunft vorhanden – waren die beiden wichtigsten Gründe, mich für diesen Stall zu entscheiden, obwohl der Bub nun mal völlig aus der Art schlägt.

Aussicht auf Kühe: ein zukünftiges Hirtenpferd?


Der Fanclub für Bonito wuchs jeden Tag, trotzdem holte ich mir regelmäßig Rückmeldung von den Stallbesitzern. Benahm sich der Bub auch, wenn ich nicht gerade hinsah? (Ja, das ist fast wie Kinder in die Kita zu geben … ;-) ) Schließlich bin ich mit Lusitanos noch unerfahren, aber Fachleute und Lusitanobesitzer in meinem Bekanntenkreis hatten mir vom ausgesprochen guten Charakter und der Menschenbezogenheit vorgeschwärmt. Ich war erleichtert, dies nun bestätigt zu bekommen: Ja, er benimmt sich. „Der ist der bravste von allen, ein richtiges Bärli.“ 

Inzwischen hat er sogar mit dem alten Wallach Freundschaft geschlossen, ich habe schon mehrfach beobachtet, wie die Jungs einträchtig nebeneinander standen.

Nur wenn Bonito mit Kühen konfrontiert wird, dann guckt und schnauft er ein bisschen iberisch. Sind das die Stierkampf- und Hirtengene? Das werden wir wohl dann erst wissen, wenn er sich beim Rinder-Umtreiben als Hilfskraft anbietet.



2 Kommentare:

  1. Dein Beaunito ist wirklich ein Schatz. :-)

    Freue mich immer, von ihm zu lesen.
    LG Copine

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