Sonntag, 23. Dezember 2012

Ihr Lieben da draußen ...



… Euch und Euren Familien wünsche ich ein friedliches Weihnachtsfest 2012, mit ein paar Tagen Ruhe, Zeit füreinander und miteinander. Zeit, den Geruch von Tannenreis zu riechen, mit hochgelegten Beinen am Ofen zu sitzen, einen Kakao oder einen Glühwein zu trinken und dazu Plätzchen zu essen.

Ich wünsche euch die Zeit, einfach mal für ein paar Momente nichts tun zu müssen, keine Anforderungen zu erfüllen, ein Augenblick, in dem mal einfach nur ihr selbst seid, denn etliche unter Euch haben dieses Jahr mehr Kraft gelassen, als sie eigentlich hatten. 

Vor allem den Familien, in denen dieses Jahr zu Weihnachten ein Platz am Tisch leer bleibt, weil sie einen lieben Menschen verloren haben: Fühlt euch ganz besonders umarmt.

Dass ihr alle gut in 2013 ankommt, wünscht euch

Eure Nel


Montag, 15. Oktober 2012

Nebenherskizze


 Ein kleines Harmony-Lebenszeichen in Rot - Blau - Grün aus meinem digitalen Skizzenbuch.

Sonntag, 2. September 2012

Bulwer-Lytton-Gedächtnisbeitrag

't was a dark and stormy night …
as clichéd as they come
- but what a moon, what a sight!


Man möge mir verzeihen, dass ich jetzt auch in „fremden Zungen“ dichte. Da es mir ja bisweilen schon gelingt, meine Mitmenschen schon in Deutsch mit einem gut gezielten Reim in die Flucht zu schlagen. Aber mir war gerade so viktorianisch zumute. Liegt vermutlich am Mond. 

Edward Bulwer-Lytton ist der Urheber dieses Klassikers unter den ersten Sätzen blumigster Literatur. Seinen „Paul Clifford“ beginnt der Baron mit: 
Es war eine dunkle, stürmische Nacht, der Regen fiel in Strömen und ließ nur dann von Zeit zu Zeit nach, wenn er von einem heftigen Windstoß unterbrochen wurde, der durch die Straßen heulte [...]
Aber was sage ich – „begann“? Einfach anzufangen, das wäre ja höchst unviktorianisch und geht ja mal gar nicht. Also: Nach etlichen Vorwörtern und Erläuterungen steigt Bulwer-Lytton mit der legendären dark and stormy night in sein erstes Kapitel ein. 

Als ob an hellen, sonnigen Tagen grundsätzlich nichts geschieht, haben mit einer dunklen, stürmischen Nacht zahlreiche Dichter und Denker ihre Geschichten eröffnet. Und noch mehr sind an der Zahl, deren Werke man weder als Dichtung noch als Denkung bezeichnen möchte. 

Einer, der damit davonkommt, weil er der klassischen Bulwer-Lytton-Eröffnung seine ureigene Note gibt, ist Terry Pratchett in Mummenschanz:
Wind heulte. Gewitter prasselte und krachte über den Bergen. Blitze tasteten über die Gipfel wie ein alter Mann, der versuchte, einen widerspenstigen Brombeerkern aus seinem Gebiss zu entfernen.
Man sagt aber, das Wetter soll bald besser werden.


Montag, 6. August 2012

Die üblichen Verdächtigen

Bei Familie Blu taucht immer wieder die Frage auf, "wer da nachts wohl ..." - so entstand ein neues Hobby: die Wildbeobachtung. Die Überwachungskamera darf aus rechtlichen Gründen nur das eigene Grundstück filmen, aber auch da gibt es nächtens reiche Videobeute, selbst wenn man nur die Terrasse anvisiert. Und sei es, dass man eine halbe Stunde Filmmaterial hat vom Kater, der auf der Ecke sitzt und sich putzt.

Diesmal ging es um die Ostterrasse, genau gesagt um das Fallobst, das abends dort zu liegen kam, und von dem morgens nur noch der Stein da war. 

Der Standort bestimmt, die Kamera scharf gemacht. 

Wer würde nachts auftauchen und das Obst wegrüsseln?

Hier sind die beiden:

Damit sind die Nachbarskatzen weitgehend rehabilitiert. Allerdings haben haben wir sie wegen eines ganz anderen Mundraubs in Verdacht. Der Kamera-Assistent kam nämlich am frühen Morgen und reklamierte einen leeren Futternapf.

Sonntag, 1. Juli 2012

Aufatmen

Mein Deal mit Petrus hat zur Bedingung, dass ich nicht übers Wetter meckere. Punkt. Das mach ich auch jetzt nicht. Nur in den letzten Tagen hatte ich drüber nachgedacht, mir eine Sondergenehmigung zu holen und wenigstens ein bisschen zu jammern. Von Natur aus bin ich ja ein Hitze-aus-dem-Weg-Geher, und ein leises Wimmern wäre der passende Soundeffekt zum schlaff in der Ecke hängen gewesen.

Ich bedanke mich daher in aller Form für das hier:


Ein Sonderapplaus gilt dem Gewitter, das nur ein starkes Gewitter war und uns von Risiken und Nebenwirkungen verschont hat.

Meckern wird vertagt. Weitermachen!

Samstag, 30. Juni 2012

Erwischt!

Irgendwann fängt man sich an zu fragen, wer nächtens - ohne Dürfschein! - die Terrasse umdekoriert. Dem Ergebnis nach musste es ein ziemlich bekifftes Heinzelmännchen ohne gestalterisches Talent gewesen sein. Umgeworfene Blumentöpfe, angefressene Gartenschuhe, dekorativ in die Landschaft verteilte Kaffeefilter aus dem Komposteimerchen ...

Und nein, es war nicht die Katze.

Papa Blu hatte die Faxen dicke, und so wurde eine Überwachungskamera zur Wildtierbeobachtung angeschafft.

Schon in der ersten Nacht ist der Terrassenanarchist in die Fotofalle gegangen:


 Ich glaube, wir haben gute Voraussetzungen für ein richtiges Biotop. ;-)

Samstag, 2. Juni 2012

Mut zur Skizze

Ich könnte behaupten, es ist sehr, sehr lang her. In Wirklichkeit aber habe ich erst im Oktober die letzte Zeichnung gemacht. Zeichnung hier: analog, von Hand, mit Bleistift. Wohlmeinende Menschen haben mir ein Skizzenbuch geschenkt, um mich von meiner Pferdelosigkeit abzulenken. "Du konntest das früher doch mal ganz nett. Mal doch einfach wieder was."

Anders als bei Textskizzen fällt es mir beim Zeichnen schwer, den ersten Strich aufs weiße Blatt zu setzen. Daher habe ich in diesem Skizzenbuch erst ein paar Seiten in Anspruch genommen. Aber heute habe ich etwas für mich entdeckt, was möglicherweise der Anfang eines digitalen Skizzenbuchs werden kann. Quasi ein digitaler Malblock, bei dem man kein Papier verschwendet, wenn man sich mal verhaut.

Die Anwendung heißt "Harmony", ist eine Webanwendung, und das ist mein erster (ernstgemeinter) Versuch: 


 
Kunst! Ich hab Kunst gemacht! :-D

Ich hab die Funktion "Shaded" benutzt und nicht mit der Maus gezeichnet, sondern eigens das Grafiktablett hervorgekramt.

Ja, ich bin recht stolz darauf. Nicht so stolz, dass ich mit dem Ding gleich zum nächsten Tätowierer rennen würde, um es für die Ewigkeit an mir herumzutragen, aber ich glaube, gerahmt und aufgehängt gehört es schon.

Nachtrag: Es ist noch eine weitere Skizze hinzugekommen, die habe ich allerdings an Max verschenkt.

Montag, 14. Mai 2012

Pause fürs Hirn


Hin und wieder braucht der Denkapparat eine Pause. Ich bemerke das immer dann, wenn die Gedankenknoten nicht mehr speziell dem Schreiben zuzuordnen sind, sondern sich auf den ganzen Alltag ausbreiten. Dem Hirn, sonst so auf Wörter versessen, muss ich in diesen Zeiten gestatten, nur noch zu funktionieren. Sonst halte ich es nämlich mit mir selbst nicht mehr aus. 

Natürlich muss ich die Aufgaben anpassen. Denn mit ohne Hirngebrauch unnütz herumsitzen mag ich auch nicht. In solch einer Phase ist es für mich das Höchste, Routine abzuspulen: Die Stallarbeit zum Beispiel kann mein Körper alleine. Wie im Computerspiel steuere ich mich per "nimm Rechen", "benutze Rechen mit Stroh", "nimm Stallboy", "benutze Stallboy mit Pferdeäpfeln", "geh zur Schubkarre". Ansonsten herrscht Ruhe unter der Schädeldecke – herrlich!

Mama und Papa Blu haben nicht schlecht gestaunt, als ich mich am Wochenende über die Spontan-Lieferung Brennholz gefreut habe – im Gegensatz zu ihnen. Aber die Aussicht auf zwei Stunden Monotasking ... wenig ist's, was ein Kinderherz erfreut. ;-)


Noch schnell die Funktionen einprogrammiert, und dann geht’s los. Mit dem leeren Korb zu dem Holzhaufen im Hof, zwei – vier – sechs – acht – Scheite in den Korb. Mit dem vollen Korb in den Heizkeller, vollen Korb abstellen, leeren Korb mitnehmen, zurück.

Eine besondere Belohnung gibt es zum Schluss. Das aufgesetzte Holz ergibt noch eine meiner geliebten Zufallsgrafiken aus dem Alltag.

Montag, 30. April 2012

Letzter Gruß vom April


Die Pastellzeit ist vorbei, und der mittlere Frühling geizt nicht mit Farbfreude. Einmal quer durch die Palette, huiiii, welch eine Freude! 

Dieser April hat uns vor allem mit vielen Regenbogen beeindruckt, und für alle, die noch nicht wissen, wo sie den Pott voller Gold abholen müssen: Er ist genau hier!


Also ganz genau ist er im ***[1]-Tal am Rande von ***-***, ein wenig unterhalb des ***-Hofs, auf dem Weg zur ***, gar nicht weit von der ***.

Viel Spaß bei der Schatzsuche!

P.S.: Grüner, der du so gerne Rätsel magst: Flieg schnell hin, damit du dir das Gold als Anzahlung auf deine Matchbox-Garage abgreifen kannst!




[1] Glaubt ihr wirklich, ich mach euch das so einfach?! ;-)


Donnerstag, 19. April 2012

Entspann! Dich! Gefälligst!


Der gestreifte Mitbewohner hatte eine Woche lang Hausarrest. Für den sehr engagierten Freigänger ist das die Höchststrafe, aber er hatte eine Augenentzündung. Die Tante Tierarzt meinte zu Recht, jemand, der nur noch ein Auge hat, sollte besonders gut drauf aufpassen. Deshalb wurde dem Tiger der gelbe Zettel verpasst und die Jagdausflüge sowie die Tigerstreife durchs Revier bis auf weiteres gestrichen. Man hätte unterstellen können, die Tante Tierarzt hat nicht gewusst, was sie mir mit einem eingeknasteten Mitbewohner antut, aber da muss ich sie in Schutz nehmen: Sie ist, was den Tiger angeht, durchaus kampfsporterprobt.
Womit wir nicht gerechnet hatten, war, dass der Kater seine Stimme entdeckte. Der sonst so maulfaule Zeitgenosse sang einen Tag lang Opern – vor allem die "Sesam-öffne-dich"-Arie vor der Katzenklappe, das "Mein-Mensch-ist-verblödet"-Lamento und immer wieder mehrstimmig aus einer Kehle den Gefangenenchor. Leider im nach oben offenen Crescendo. Ich hatte schon den Verdacht, er wollte damit das Fensterglas zum Bersten bringen.
Ein Tinnitus kündigte sich an, und bevor mein Gehör bleibende Schäden davontrug, verordnete ich dem Kater ein "Omm." 


Gewissenhaft studierte er das Werk (hatte ja nix besseres zu tun, nä?), fungierte das Krankenlager zum Trainingslager um und widmete sich der fernöstlichen Meditation:
Position: "West-östlicher Diwan"

Von der neu gewonnen Gelassenheit hat er aber in dem Moment Abstand genommen, als er wieder nach draußen durfte. Mit der Hartnäckigkeit eines Drill-Instructors hat er mich so lange strafexerzieren lassen, bis er sicher war, dass ich den Griff zur Türklinke auch tatsächlich wieder beherrsche. Das bei der felinen Spezies so beliebte Lass-mich-rein-lass-mich-raus-Spiel mit drei Türen und einer Katzenklappe hält fit, da kann keiner behaupten, Katzen seien nette Haustiere für Couch Potatos.
Allerdings hat er auch die "Stimmhilfe" wieder eingestellt und bedient den "Türöffner" wieder wie üblich mit einem vorwurfsvollen Blick. Ist doch auch was.

Montag, 26. März 2012

Pastellzeit


Der Mensch vergisst die Sorgen aus dem Geiste,
Der Frühling aber blüht, und prächtig ist das meiste,
Das grüne Feld ist herrlich ausgebreitet,
Da glänzend schön der Bach hinuntergleitet.

Die Berge stehn bedecket mit den Bäumen,
Und herrlich ist die Luft in offnen Räumen,
Das weite Tal ist in der Welt gedehnet
Und Turm und Haus an Hügeln angelehnet.
(Friedrich Hölderlin: Der Frühling)


Bald schon werden die Tage vorbei sein, in der das Frühjahr seine zarten Akzente in die Natur setzt. In Wald und Garten ist es ein Hauch von Grün, die ersten Zitronenfalter sorgen für gelbe Tupfen, und die ersten Bäume blühen – zu Ostern wird es richtig bunt sein, wenn die Großwetterlage hält. 

Wenn ich zum Malen mehr Talent hätte, würde ich diese Jahreszeit mit Pinsel und Aquarellfarben festhalten. So muss die Kamera genügen.

Freitag, 16. März 2012

Sauertopfbrot?

Inzwischen hatte ich schon ein paar Anfragen zu diesem Thema, und auch über Suchanfragen "Sauerteig" und "Topfbrot" wurden einige Menschen zu meinem Beitrag zum Brot gelotst. Dort wird allerdings nicht beantwortet, was die Suchenden wissen wollten: 

Gibt es ein Topfbrot-Rezept für Sauerteig? 
 
Bevor ich noch öfter "Weiß nicht" sagen muss, habe ich also den Sauerteig zur Abwechslung mal im Topf verbacken. Es ist ganz ordentlich gelungen. Im Folgenden notiere ich, wie ich mein Sauerteig-Topfbrot gebacken habe – in der sogenannten "DiDiVo"-Zusammensetzung [1]. Sauerteig-Experten mögen jetzt womöglich im Dreieck springen, aber so hat es bei mir funktioniert und (für mich wichtig) ist wenig aufwändig. Nennen wir es also lieber "Versuchsprotokoll" statt " Rezept".

Vorteig:
50 g Sauerteig-Anstellgut [2]
150 g Mehl (bei mir 100 g Dinkel, 50 g Dinkelvollkorn)
150 ml lauwarmes Wasser

Für den Vorteig alle Zutaten verrühren, den Vorteig mindestens 4 bis 6 Stunden bei Zimmertemperatur (ca. 22 Grad) reifen lassen.

Hauptteig:
300 g Mehl (bei mir 200 g Dinkel, 100 g Dinkelvollkorn)
Vorteig
1 1/2 TL Salz
so viel lauwarmes Wasser, dass keine Mehlnester bleiben

Alle Zutaten für den Hauptteig vermengen. Der Hauptteig sollte möglichst fest, nicht zu flüssig/weich werden. Den Hauptteig ca. 8 bis 10 Stunden (bei mir war's über Nacht) bei Zimmertemperatur reifen lassen.

Den fertigen Hauptteig mit ausreichend Mehl aufs Backbrett (die Arbeitsfläche) holen. Gründlich durchkneten und ein paar mal "falten". Wenn der Teig zu weich und klebrig ist, zusätzliches Mehl mit einkneten.

Den Laib in einen mit Dauerbackfolie ausgelegten Topf legen, Deckel drauf. Der Teig bekommt noch einmal Ruhe, bis der Ofen vorgeheizt ist.

Ofen auf 250 Grad Ober- und Unterhitze vorheizen. Bei ca. 250 Grad 30 Minuten lang mit Deckel backen, dann Deckel abnehmen, Hitze auf 220 Grad reduzieren und noch einmal 20 Minuten ohne Deckel fertig backen.

Mein Brot hatte eine knusprige Kruste, die wie bei einem Bauernbrot aufgerissen ist.

Caveat pistrix – 
für das Gelingen ist jede Bäckerin selbst verantwortlich!


[1] die bei RDs im Moment gebackene Lieblingsmischung aus 2/3 Dinkelmehl und 1/3 Dinkel-Vollkorn
[2] ein großer Löffel voll von der Sauerteig-Kultur, die bei mir im Kühlschrank wohnt

Sonntag, 11. März 2012

Selbstbestechung

Hin und wieder kommt es vor, dass althergebrachte Formen der Mitarbeiterführung nicht mehr greifen. So geschah es, dass Nel-Chef (also ich) mit Entsetzen feststellen musste, dass Nel-Schreibkraft (ebenfalls ich) die Arbeit an Kapitel 15 beinahe verweigerte. Schlimmer noch: Auf die übliche Motivation per Tritt in den Hintern reagierte Nel-Schreibkraft mit einer Bemerkung, die hier entschärft wiedergegeben werden soll mit: "Du kannst mich mal." Und ich kann in dieser Haltung sehr stur sein.

Esel machen ja viel mit, aber wenn sie dann genug haben, haben sie gründlich genug. Den Tritt in den Hintern nehmen sie dann noch hin, aber darauf reagieren? Im Leben nicht. Nel-Chef griff also in die pädagogische Trickkiste und suchte nach Mitteln der positiven Verstärkung. Nur was verstärken? Die Mitarbeiterin für ihre Sturheit im Amt auch noch zu loben, das könnte nach hinten losgehen. Und auf ein "Tschakka-du-schaffst-es" war aus Mitarbeiter-Sicht ein Stinkefinger die einzig logische Antwort.

Aber es gibt da dieses berühmte Bild von der Karotte, die man an einer Schnur dem Esel vor die Nase hält. Es schien mir eine brauchbare Strategie zu sein, wieder in die Hufe zu kommen. Nur dass in meinem Fall die Schnur die Karotte ist. Sozusagen. Ganz präzise ist die Schnur-Karotte nämlich ein Garn.


Manche werden sich daran erinnern, dass ich in letzter Zeit das Stricken wiederentdeckt habe. Dem Kissenbezug habe ich noch zwei Paar Socken nachgelegt, und ich genieße es sehr, abends ein wenig über den klappernden Nadeln zu meditieren. Nachdem ich ja immer noch von meinem irischen Seemannspullover träume, bin ich schon seit Monaten virtuell um "meinen" echten Aran-Tweed herumgeschlichen. Direkt aus Irland, 100 Prozent von irischen Schafen. Aber solch eine Extravaganz wollte ich mir nicht leisten, mal nicht ohne Anlass.

Der Anlass kam. "Sonderangebot, nur im Februar." Und in meiner favorisierten Farbe, "Hafer" – dunkelbeigegrau mit dunklen und blauen Sprenkeln, waren sogar noch genügend Stränge für einen Pullover in meiner Größe verfügbar. 

Aber da war ja noch das Ding mit der Karotte und dem Esel. "Erst Kapitel 15, dann darfst du anfangen zu stricken."

Man glaubt gar nicht, was so ein bisschen Selbstbestechung alles ausrichten kann und wie schnell sich Kapitel 15 wie von selbst erledigte.

Mittwoch, 29. Februar 2012

Kampfgewicht: 580 kg


"Wundere dich nicht", hieß es gestern, "die Einfassung vom Reitplatz ist ein bisschen kaputtgegangen." Es gab Zeugen, es gab einen unverwechselbaren modus operandi, und ein Alibi hatten die üblichen Verdächtigen auch nicht. Man brauchte also nicht einmal die Hufabdrücke mit denen in der Verbrecherkartei abzugleichen.

Wie ein gewisser Herr Monk immer zu sagen pflegt ..."Es war so:" 

Die "Buben", wie die Pferde auch genannt werden, durften zum Laufen auf den Sandplatz, weil sie sich im Auslauf und auf der Matschkoppel nicht ausreichend bewegen können. Der Kleine, der Pubertist, macht dabei immer den meisten Betrieb. Immer wieder legt er sich mit dem Großen an, obwohl ihm langsam klar sein muss, dass sie in völlig unterschiedlichen Gewichtsklassen antreten. Irgendwann sägt der Kleine so an den Nerven des Großen, dass der sich auf das Spiel einlässt.

Neuer Trendsport: Eidgenössisches Sumo-Ringen

Wo rohe Kräfte sinnlos walten, kann es natürlich sein, dass dem gemeinen Gaul auch mal der Gaul durchgeht. So fiel ein Stück Gebrauchsarchitektur dem Abrissunternehmen der Gebrüder Freiberger jäh zum Opfer. 

Bis die Reparaturarbeiten abgeschlossen sind, dürfen die beiden Delinquenten nicht mehr auf den Spielplatz. Sie müssen sich jetzt aufs Schlammcatchen auf der Matschkoppel beschränken. Das ist allerdings weniger fürs Pferd eine Strafe als für den Menschen, der das Pferd wieder sauber kriegen soll.

Samstag, 18. Februar 2012

Unter dem Himmel bin ich

Als Hangbewohner bin ich von den Umständen verwöhnt. Zum einen habe ich immer das Gefühl von "Nest", eingekuschelt in ein Tal, zum anderen bietet mein Westbalkon mir die Aussicht in die Rheinebene. Dieser Blick wird von einer ganzen Menge Himmel bestimmt. Vom Herbst bis zum Frühling, wenn die Sonne tief steht, zieht es mich oft auf den Balkon, um die Zufallsgemälde der Sonnenuntergänge festzuhalten. Kein Abend ist wie der andere, planen kann man die Bilder nicht.
Die Ruhe der blauen Stunde, worüber Blaugrün einmal ausführlich sinniert hat, gibt es hier im Luv des Schwarzwalds zu diesen Jahreszeiten eher selten.

Dafür hat es mir vor allem der Gegensatz angetan zwischen der statischen Landschaft – Bäume und Häuser pflegen sich kaum zu verändern, wenn, dann tun sie es langsam – und der Dynamik der Wolken, der Lichtbrechung, der untergehenden Sonne. Und die klaren, tiefschwarzen Konturen meines Lieblingsbaums gegen die Farbspiele der Wolken und des Abendhimmels, so wie hier:


Den Tag hinter mir, die Nacht vor mir.
Den Berg hinter mir, die Weite des Rheintals vor mir.
Und "unter dem Himmel, wie immer, bin ich." (Hölderlin)

Samstag, 11. Februar 2012

Integrationsprogramm

Mein Deal mit Petrus galt offenbar nicht nur für den alten Stall, ich konnte ihn auf meine neue Reitbeteiligung übertragen. Wenn sie jetzt im alten Stall mit dem Wetter nicht mehr zurecht kommen, kann ich das nicht ändern. Da bin ich egoistisch. Wir hatten brauchbare Bedingungen, als wir diese Woche unterwegs waren, das ist die Hauptsache. 
 
Eigentlich hatte ich ja erst den Winter abwarten wollen, bevor ich mir ein neues Beteiligungspferd suche, doch dann musste ich im Dezember auf "Lieber Wallach sucht ..." unbedingt antworten. (Eine Anzeige, die beinahe dort nicht erschienen wäre, wo ich den Markt beobachte, aber manche Dinge fügen sich gar seltsam.) Ein paar Wochen haben wir alle uns Zeit gelassen um zu prüfen, ob wir miteinander auskommen – denn anders als vorher ist es kein Einstellerstall, die Pferde stehen privat. Da ist es besonders wichtig, mit den Leuten klarzukommen, wenn man ihnen sozusagen durch den Vorgarten latscht.

Mein neues "Pflegekind": ein goldiges Kerlchen

Aber die private Unterbringung der drei Jungs hat auch entscheidende Vorteile. Der Reitplatz ist direkt am Haus. Und das Beste: Ich kann zum Pferd gehen. Ich muss nicht unbedingt. 

Alles in allem sind es Bedingungen, zu denen ich gerne ja sage. 

Und damit sind meine Tage als Ponyreiterin endgültig vorbei, denn jetzt ist das Pflegekind wieder ein Großpferd. Das heißt, im Moment sieht der Knabe dank Robusthaltung und Winterpelz aus wie ein drei Kubikmeter großes Plüschbärchen, aber es ist ein Pferd. Ein Freiberger, genau gesagt, und mit Schweizer Präzision kümmert er sich um meine Integration in die Herde.

Er weiß, dass ich "seine" Person bin, bewacht meine linke Jackentasche, denn wenn die Hand hineingreift, holt sie für gewöhnlich etwas zu essen heraus. Und kein anderer darf neben mir stehen. Ich bin ja noch neu, nicht dass ich aus Versehen das falsche Pferd unterm Kinn kraule. Könnte ja passieren. Auch wenn weder mit dem Schimmel noch mit dem Halbstarken soooo viel Verwechslungsgefahr besteht. Aber bei Menschen weiß man ja nie.

"So schnell geben wir dich nicht mehr her", habe ich diese Woche gehört. Es hat sich in den letzten Wochen schon abgezeichnet, aber jetzt ist es offiziell: Ich bin in meiner neuen, gemischten "Herde" angekommen.

Dienstag, 7. Februar 2012

Lieber Petrus ...

 ... auch, wenn es wunderschön aussieht im Moment ...


... könnte es trotzdem bald ein bisschen wärmer werden? Oder wenigstens weniger kalt?

Bitte?

Danke im Voraus,

Nel

Montag, 30. Januar 2012

Vom Gutenbergen oder: Erste Sätze

"Ich bin gerade auf dem Weg zum Emir."[1] - Im Moment verfolgen viele Menschen die Dramödie, die mit diesem Satz begonnen hat. Auf einen Abenteuerroman tippt Hellmuth Karasek und verweist  auf "die extreme Bedeutungskulisse, die damit aufgebaut wird". Wenn ich der Lektor wäre und das "Wulff-Manuskript" in der Hand hätte, würde ich spätestens jetzt dem Autor mitteilen: Kommen Sie bitte endlich irgendwie zum Schluss, Ihre Geschichte dreht sich nur noch im Kreis. Sie nerven Ihr Publikum.
 
Aber ich bin nicht der Lektor, und ich habe im Augenblick ein anderes Problem: Mir fehlt der erste Satz für Kapitel 15. Ich habe die Szene vor meinem geistigen Auge, der gedankliche Bühnenbildner hat ganze Arbeit geleistet. Der scheidende Boss in seinem Noch-Vorstandsbüro an seinem Noch-Schreibtisch. Der Blick schweift von der Akte vor ihm zum Fenster mit Aussicht. Nachmittagssonne auf der Skyline im Hintergrund und auf dem Firmengelände. Dummerweise ist das Kameraführung und keine Schriftstellerei.
 

Also mache ich mich auf, einen zur Kulisse passenden ersten Satz zu guttenbergen. Gutenbergen, genau gesagt, denn beim Stöbern im Projekt Gutenberg finde ich meistens brauchbare Anregungen. 

"Schlag' nach bei Shakespeare", heißt es doch[2]. Da ich sowieso zum Streichen und Umformulieren neige, werden bei meiner Version vom Guttenbergen die Leser später keinen Bezug mehr zum Original mehr herstellen können. 

Mal sehen, was der Barde so hergibt.

Dummerweise hat der Kaufmann von Venedig nicht viel gemein mit dem Rüstungsindustriellen aus Virginia. Auch beim themenbezogeneren "Antonius und Cleopatra" finde ich spontan keinen passenden Aufhänger. Aber über Alexandria – Ägypten assoziiere ich mich hin zu einem anderen Meister, und lande bei Schillers "Ring des Polykrates":
Er stand auf seines Daches Zinnen,
Er schaute mit vergnügten Sinnen
Auf das beherrschte Samos hin.
»Dies alles ist mir unterthänig,«
Begann er zu Ägyptens König,
»Gestehe, daß ich glücklich bin.« –
Vertrauter sind mir diese Verse in der Version, wie mein Opa sie zu rezitieren pflegte ("Er saß auf einem Sack voll Linsen/und schaute mit vergnügtem Grinsen ..."). 

Aber hey – damit kann ich arbeiten. Gib mir ein Versmaß, schon bin ich dabei:
Er stand an seines Büros Fenster
und sah ins Leere; die Gespenster
seines Lebens suchten ihn
heim. "So ändern sich die Zeiten
und die, die mich durch sie begleiten.
Ich lebe noch – und sie sind hin."
Gut, denn. Das nehme ich mal so mit ins Manuskript.

Ich bin dann mal weg, den Anfang von Kapitel 15 editieren.

[1] Kolportiert wird im Web, dass Christian Wulff, Bundespräsident, eine – DIE - Nachricht auf der Mailbox von Bild-Chefredakteur Diekmann so einleitete.
[2] aus Kiss Me, Kate von Cole Porter/Samuel und Bella Spewack

Samstag, 7. Januar 2012

Vollkorn-Hedonismus

Acht Sorten Senf sind Luxus. Ich glaube, niemand würde mir da widersprechen. Jetzt gab es aber vor Jahren einmal einen Besuch in einer Senfmühle und verschiedene "Versucherle", die unbedingt mitmussten. Der Blick auf diese Senfbatterie veranlasste seinerzeit einen Bekannten zu dem entsetzten Ausruf: "Ihr Freiburger seid doch alle Hedonisten!" 

So krass würde ich es nicht sehen. Aber er kommt von woanders her und wusste nicht, dass acht Sorten Senf eine Ausnahmesituation sind und nicht die Standardausstattung eines badischen Haushalts. Vier – ja. Mittelscharf, scharf, Meerrettichsenf und die Dijon-Edition. Das hat alles seine Berechtigung, so viel braucht der Mensch.[1]

Scherz beiseite. Im Hause Blu hat es in den letzten Jahren immer "vernünftiges" Essen gegeben, d.h. möglichst aus der Region, möglichst das, was es saisonbedingt gibt, und das alles bodenständig, aber gut zubereitet. Trotzdem mussten wir unseren Speisezettel grundlegend umbauen. Papa Blu brauchte eine Stoffwechselumstellung – und muss Teile der neuen Ernährung aus gesundheitlichen Gründen auf Dauer einhalten. Dass Weizenmehl und alles, was Weizen enthält, absolut tabu sind, das bedeutete den größten Umbau für den Speisezettel. 

"Tadaa!" - Ich hab es gebacken gekriegt!

Am Anfang war zum Beispiel nur reines Roggenbrot erlaubt. Und das ist schwer zu bekommen, da die meisten Bäckereien nicht mehr selbst backen, sondern mit Brot aus Großbetrieben beliefert werden. Selbst wenn man irgendwo die Zutatenliste dieser Großbetriebe auftreiben kann ... bei denen steht reines Roggenbrot nicht auf der Verkaufs-Hitliste. Zwei Roggenbrote hatten wir aufgetrieben, davon war eines vergleichsweise teuer und überzeugte geschmacklich weder Vatern noch den Rest der Familie.

"Am Ende müssen wir noch hingehen und unser Brot selbst backen." Eigentlich hatte ich das nur so dahingesagt, wie einem manchmal eben Worte aus dem Mund fallen, ohne dass das Hirn sie vorher gefiltert hat. Aber da war es schon passiert.

"Gute Idee", meinte Muttern, "mach du das. Dein Patenonkel war schließlich Bäcker. Ich kann kein Brot. Ich kann nur Kuchen."

Onkel W. saß in diesem Moment bestimmt auf seiner Wolke und feixte sich eins.

Ich hatte zwar schon ein wenig mit dem Topfbrot experimentiert, weil ich bei Isabel Bogdan gelesen hatte, dass man nicht so pingelig mit den Zutaten zu sein braucht und das ganze recht idiotensicher daherkommt. Da ich zwar immer ganz gern gekocht hatte, aber vom Backen so viel verstand wie eine Kuh vom Singen[2], war "idiotensicher" das Zauberwort.

Aber die Topfbrote sind aus Hefeteig. Das funktioniert bei reinem Roggen nicht, da muss ein Sauerteig her. Gut, ich hatte schon einmal im Internet Brot backen gelernt, vielleicht würde mir es ein zweites Mal gelingen. Eine Tante machte mir Mut: "Sauerteig verzeiht dir vieles." Und sie stellte mir ein wenig von ihrem Sauerteig ("Powerteig") zur Verfügung – diese Kultur hat schon ein paar Jahrzehnte Erfahrung, die würde selbst ich nicht kaputt kriegen. 

Die Anleitung für Sauerteig-Anfänger von Martin Pöt Stoldt aus dem Sauerteigforum bestätigte: "Solange da nichts Rotes, Blaues, Grünes oder Schwarzes drauf wächst und er keine Haare kriegt, ist der Sauerteig noch gut." Das klang beinahe so benutzerfreundlich wie das "Ich sage: Egal!" von Isabel Bogdan. Also an die Arbeit!

Bei meinen ersten Versuchen in der fortgeschrittenen Brot-Alchimie sah es in der Küche so aus, als wäre nicht mein Patenonkel, der Bäcker, sondern mein Urgroßvater, der Maurer, zugange gewesen. Reiner Roggenteig ist extrem klebrig und instabil und führt ein dynamisches Eigenleben. Aber das Ergebnis bestand den Geschmackstest, und Nels reines Roggenbrot wurde noch einmal bestellt.

Inzwischen hat sich einiges getan: Mit Versuch und Irrtum habe ich mich brauchbaren Arbeitsabläufen und Backtemperaturen genähert. Papa Blu darf jetzt auch Dinkelmehl zu sich nehmen, mit Mehl aus Roggen, Roggenvollkorn, Dinkel und Dinkelvollkorn konnte ich schon etliche Varianten an Mischbrot fabrizieren. Inzwischen sind die Brote nicht mehr nur essbar, sondern sehr lecker, und ich habe im Hauswirtschaftsraum eine "Backstube" eingerichtet bekommen.

Letztens dachte ich wieder an unseren Bekannten, als ich meine vier Sorten Mehl in den Einkaufswagen stapelte.

Hedonismus?

Nicht wirklich.

Ein selbst gebackenes, sauberes Brot, ein bisschen Schwarzwälder Schinken drauf und ein kräftiger Schweizer Käse, ein Appenzeller vielleicht oder ein Gruyère ... da braucht es nicht mehr zum perfekten Genuss.

Außer vielleicht noch einen Hauch Senf.


[1] Mutters Estragonsenf zählt dabei nicht wirklich, denn der kommt nur ab und an mal in eine Soße.
[2] Und vom Singen verstehe ich so viel wie eine Kuh vom Backen ...