Dienstag, 25. Oktober 2011

Leuchtgebiete

Der Freiburger Flugplatz ist ein ganz besonderer Lebensraum. Hier fühlen sich nicht nur Päpste umgeben von nachhaltig angebauten Besucherbänken wohl. Hier haust auch die unabhängig vom Papst aus Italien eingewanderte braunfleckige Beißschrecke und manch anderes wunderliches Getier. Das Biotop im Nordwesten der Stadt wird allerdings zweimal im Jahr aus seiner Idylle gerissen. Dann feiert der Freiburger seine "Mess"[1]. Eine Landebahnverlängerung würde die Schrecken erschrecken, hat die Wissenschaft festgestellt, aber die Mess ist ein Muss!

Ein Muss nicht nur für den Liebhaber abgefahrener Fahrgeschäfte. Auch der Naturfotograf liegt auf der Lauer, denn wenn Mess ist, bekommt man die seltenen Lebensformen des Flugplatzes zu Gesicht, die den Rest des Jahres im Verborgenen leben.

Wie zum Beispiel die scheue Nachtluftanemone. Ohnehin kommt sie nur in der Dunkelheit heraus, und auch dann ist sie ein Einzelgänger.


Wer Glück hat, kann die bengalischen Hochgeschwindigkeits-Glühwürmchen beim Spiel beobachten:


Eine ganz seltene Aufnahme ist mir hier gelungen: Schnuppenfliegen auf der Flucht vor einer Schule räuberischer Achthundertfüßer.


Diese Leuchtkraken tauchen wie aus dem Nichts auf – wenn man sie sieht, ist es beinahe zu spät. Sowohl für die Schnuppenfliege, als auch für den Auslöser an der Kamera. ;- )

Im Gegensatz zur Steinlaus, bei welcher es im Dortmunder Zoo gelungen ist, einige Exemplare in Gefangenschaft zu halten, wird es bei den Spezies des Freiburger Flugplatzes wahrscheinlich nicht in absehbarer Zeit möglich sein, sie jederzeit in Tierparks bewundern zu können. Aber immerhin wissen wir, dass wir im Mai dieses Naturschauspiel wieder geboten bekommen.

[1] Anderswo heißt es Jahrmarkt.

Montag, 24. Oktober 2011

Angewandte Physik für Könner

Kann man Wasser in einem Netz aufbewahren? Prof. Dr. Dr. h.c. Spinne hat in einem mutigen Experiment ihr eigenes Domizil für dieses Experiment zur Verfügung gestellt:


"Man braucht dazu einen gewissen Spinnensinn", räumt die Professorin ein. Vorangegangen sind diesem Experiment langwierige Berechnungen. Die Wahl des Materials ist dabei der einfachste Faktor. Hier kann Professor Spinne auf jahrelange Forschungsarbeit zurückgreifen. Dann braucht man Geduld und viel Geschick, damit solch ein Versuch glückt. Und man braucht qualifizierte Forschungskollegen.
"Das Anbringen des Wassers habe ich Dr. Herbstmorgen überlassen", erklärt Spinne. "Er ist ein Spezialist für Oberflächenspannung in Form von Tautropfen."
Von Dr. Herbstmorgen hat die Redaktion leider keine Stellungnahme bekommen können. Seine Schicht war zum Zeitpunkt des Interviews schon beendet. 

Samstag, 22. Oktober 2011

Eine Frage des Standpunkts

Wer kennt das nicht? Der Schlüssel ist nicht zu finden, wahlweise auch der Lieblings-Kugelschreiber, der Korkenzieher, der Fluxkompensator oder irgend ein anderes Dingsie, das man gerade dringend braucht. Man weiß genau, dass es irgendwo im Raum sein muss, aber Himmel, Gesäß und Nähgarn[1], es hat sich unsichtbar gemacht!

Von einer ehemaligen Kollegin habe ich den Tipp bekommen, in solchen Fällen auf einen Stuhl zu steigen. Das klingt zwar zunächst einmal ein bisschen absurd, funktioniert aber in einer geschlossenen Umgebung wie einem Büro oder einer Werkstatt ziemlich gut. Der Witz dabei ist nicht nur der neue "Überblick", sondern dass man seinen Standpunkt verändert, alles aus einer anderen Perspektive betrachtet und durch die frische Sicht auf die Dinge die sogenannte "Betriebsblindheit" überwindet. Man muss die Lage noch einmal neu erfassen, und dabei fällt einem dann meist ins Auge, was man vorher nicht gesehen hat. Ich kann auch versprechen, dass man nur die ersten drei Male von den Kollegen dumm angeschaut wird. Man erarbeitet sich einen Ruf als "Allesfinder", und der eine oder die andere übernimmt sogar die Methode.



Dabei muss man nicht alles, wie hier im Bild, alles vom Kopf auf die Füße stellen und umgekehrt. ;-)

Und auch unabhängig von einer Suche tut es der eigenen Perspektive ganz gut, hin und wieder auf einen Stuhl zu steigen. Ob im übertragenen Sinne oder im wörtlichen, das möchte bitte jeder für sich selbst entscheiden.

[1] Das hier ist ein anständiger Blog!

Mittwoch, 19. Oktober 2011

Erst schießen – dann denken?

Manchmal passiert es mir, dass ich ein Bild mache, ohne lang darüber nachzudenken. Dann fällt mir auf, dass es vielleicht ein besseres Bild ergäbe, wenn ich mir doch ein paar Gedanken mache: die Automatik ausschalten, vielleicht die Belichtungszeit etwas verändern oder doch ein anderer Winkel? Ein anderer Bildausschnitt? Mit Blitz, ohne Blitz?

Es lebe das digitale Zeitalter, Nullen und Einsen sind geduldig und billig ... So entstehen aus diesen Experimenten ganze Bildreihen. Natürlich ist viel Ausschuss dabei.

Hier bin ich aber froh, dass ich mir nachträglich noch Gedanken gemacht habe. Dass ich am Ende des "Shootings" im Herbstwald auf dem Bauch lag und von Spaziergängern in aller Ausführlichkeit kommentiert wurde, tut mir nicht im Geringsten leid. ;-)

Das hier war der Schnellschuss:



Zum Vergleich ein Bild aus der Reihe mit längerer Belichtungszeit (damit das Wasser weniger "eingefroren" aussieht) und mit anderem Bildausschnitt:


Leider scheint es, als wäre die Zeit für ausgedehnte Spaziergänge mit Kamerabegleitung fürs erste vorbei. Über Nacht hat sich kam der Regen, fand es hier schön und blieb. Der Schwarzwald-Buntwald ist so pitschenass, dass ich mich wohl nicht mehr für ein Bild auf den Boden legen werde.

Dem goldenen Oktober sage ich hiermit "Tschüs" und leihe mir dafür ein Gedicht von Heinrich Seidel[1]: 

Regentag im Herbst 

Still vom grauen Himmelsgrunde
Sprüht der sanfte Regenstaub –
Trüber Tag und trübe Stunde –
Thränen weint das rothe Laub;
Vom Kastanienbaum ohn' Ende
Schweben still die welken Hände.


Trübe Herbstesregentage:
Gerne wandr' ich dann allein,
Was ich tief im Herzen trage,
Leuchtet mir in hellem Schein;
In die grauen Nebelräume
Spinn' ich meine goldnen Träume.


Und so träum' ich still im Wachen,
Bis der Abend niedersinkt,
Und in all den Regenlachen
Sanft und roth sein Abglanz blinkt.
In der Nähe, in den Weiten:
Rosenschimmer bessrer Zeiten!
 

[1] Ich bin fündig geworden beim Projekt Gutenberg. Vielleicht nutzt ihr über den Winter auch einmal die Gelegenheit, dort durch die Klassiker zu stöbern ...



Freitag, 14. Oktober 2011

Alte Esel unter sich


Manchmal ist es notwendig, sich zu trennen. So habe ich vor ein paar Wochen die Beteiligung am Pony aufgegeben. "Wer weiß wofür's gut war", hat mein Opa immer gesagt, noch weiß ich es nicht, vielleicht kommt das noch. Dafür habe ich jetzt den Esel. 

Der Esel ist ein armes Fahrradvieh, er wurde ausgesetzt, weil er alt und krank und kaputt war, und sein ehemaliges Herrchen es praktisch fand, ihn beim Umzug einfach zurückzulassen. Ich habe mich also des Esels angenommen. Mit Hilfe eines befreundeten Bastlers wurde der Esel wieder fit. Wie es bei Bastlern so üblich ist, wenn man ihnen freie Hand lässt, hat er aus dem Esel ein Unikat gemacht. Ich habe ein verkehrssicheres Gebrauchsfahrrad mit Federung und 21 Gängen. Ein Rennlager ist jetzt drin, "weil nichts anderes gepasst hat". Die Reifen sind feld- und waldwegtauglich. Ich fahre jetzt sozusagen einen eierlegenden Wollmilchesel. Es ist zwar immer noch ein alter Esel, aber so wie er ist, taugt er mir ganz gut. 

Weshalb am Vorderrad ein französisches und am Hinterrad ein deutsches Ventil ist? "Frag nicht", hat der Bastler gesagt. Also hab ich nicht gefragt, sondern einen Adapter für die Luftpumpe gekauft. ;-) 



Die These, Fahrrad fahren verlerne man nicht, kenne ich wohl, aber ich war mir nicht sicher, ob das auch gilt, wenn die letzte Tour zwanzig Jahre her ist und man bisher nur fünf Gänge geschaltet hat. Am Lenker rechts steht 1 bis 7 dran, das Konzept mit dem Ring zum Drehen scheint auch idiotensicher zu sein. Aber wie die Schaltung links die Kette auf den vorderen Blättern wechselt, das unterliegt Versuch und Irrtum. Der Bastler hatte mich auch vorgewarnt, dass es natürlich kein Vergleich sein würde zu meinem handlichen Damen-Touren-Rädchen von früher. "Der geht nicht so schick um die Kurve. Der ist da ein bisschen rustikaler." 

Meinen ersten Ausritt mit dem Esel lege ich daher auf einen Werktagvormittag und in den Wald. Man muss ja nicht dem ganzen Stadtteil kostenlose Unterhaltung bieten, indem man rustikal aus der Kurve fliegt und sich von einem Gartenzaun pult. Zwar ist es auch ungünstig, sich in Hundeleinen zu verheddern oder den Zorn von spitzstockbewaffneten Walkern auf sich zu ziehen, aber im Wald kenne ich ein paar Abkürzungen und Notausgänge. Der Esel soll ja geländegängig sein, da rechne ich mir selbst ohne detaillierte Kenntnisse der Gangschaltung gegen Fußgänger gute Chancen aus, unerkannt entkommen zu können.

Zunächst einmal schlage ich meinen alten Schulweg ein. Fahrrad fahren verlernt man wirklich nicht, stelle ich fest. Aber die Vokabeln, die ich für die neue Gangschaltung habe, bringen die drei Walkerinnen vor mir aus der Fassung. Nein, die will ich nicht weiter irritieren, also kehre ich um und versuche mich an der anderen Richtung. Da ist auch noch Wald, allerdings hügeliger als der Weg, den ich eigentlich nehmen wollte. Und wie's der Berg so will, komme ich jetzt wirklich an meine Gangschaltungsgrenzen. 

"Knirsch", sagt der linke Schalthebel, und die Kette rattert eine Antwort. Dolmetscher, bitte! Spricht hier einer fließend Fahrrad? Todesmutig drehe ich weiter am Rad, und jetzt, endlich, springt die Kette um aufs – verflixt, das andere Blatt. Das, was grade physikalisch ungünstig ist. Also hektisch zurückgedreht. Knirsch! Ratter! Und noch mal, denn ich brauche die Übersetzung für bergab. Knirsch! Diesmal hab ich den Dreh besser raus, und die Kette springt sofort um.

Der Weg ist frei, ich flitze im 21. Gang durch den Wald. Sage und schreibe 21! Ja, ich weiß, ich muss den Weg zurück bergauf strampeln, ja, ich weiß, in der Form bin ich wahrscheinlich nicht, aber ich will – brauche - noch eine Minute den Fahrtwind. Und noch eine Minute. Hach, was soll's, bis ins Nachbardorf fahre ich noch, und dann wieder zurück.

Natürlich mache ich den Anfängerfehler und gehe den Berg auf dem Rückweg zu schnell an, sodass ich völlig außer Puste zu Hause ankomme und mein Gesicht Ton in Ton mit dem tiefroten Rallyestreifen auf meinem Helm ist. 

Ich kann es noch! Und einen braven Esel habe ich da unterm Sattel.

Er geht durch unwegsames Gelände, er bringt mich nicht ins Schleudern, er macht mir den Berg leicht. Und er hat mich nicht abgeworfen. Vielleicht liegt er nicht schick in der Kurve, der Esel. Garantiert wird er mich nicht überall dort hin bringen, wo mich das Pony hingetragen hat. 

Aber für die eine oder andere Fahrt ins Blaue wird er gut sein, und da freue ich mich drauf.

Dienstag, 11. Oktober 2011

Potenzielles Mordopfer: Kapitel 7

Man sitzt. Und sitzt. Man starrt das "[...]" an. Das verdammte "[...]", den Platzhalter in Kapitel 7, der da steht, weil man noch nicht genau wusste, wie der Rüstungsmogul D den Verteidigungsminister O genau anpöbeln muss, um von Thema A nach Thema B zu kommen. Denn es ist nicht ganz einfach, sich gedanklich in einen Rüstungsmogul zu versetzen, geschweige denn in einen Verteidigungsminister. Von der eigenen Mutter weiß man außerdem, dass man grässlichen Ärger kriegt, wenn man herumpöbelt.

Gut, es gibt da den wohlgemeinten Ratschlag: Schreib einfach drauf los, schließlich meißeln wir heutzutage unseren Text nicht mehr in Stein. Wir haben Textverarbeitung. Mach dir Lesezeichen an den Rand, du kannst das später noch regeln. Also steht da für später auf dem Bildschirm "[...]".

Jetzt ist es später. Überarbeitung des Ganzen ist angesagt. Inzwischen ist Kapitel 8 fertig, und Kapitel 9 ist zur Hälfte durch. Aber immer noch würde man Kapitel 7 am liebsten erwürgen.

Man starrt es an.

Es starrt zurück.

"[...]"

Und es gewinnt den gedanklichen Ringkampf, indem es die Gedanken nur noch mehr verknotet. Ein kleiner Blick in meinen Kopf gefällig?


Ich suche Entwirrung. Als Kind der Generation Google gehe ich davon aus, wie üblich, im Internet zu finden, was ich brauche. "Spontane Selbstentwirrung" haben die Suchmaschinen leider nicht im Angebot, dafür stellt sich heraus, "World Wide Web" ist nur eine andere Bezeichnung für Selbsthilfegruppe bei Schreibblockaden. Immerhin weiß ich nun, dass ich eine Schreibblockade näher spezifizieren muss, um die geeignete Methode zu finden.

Was es da nicht alles für Ausprägungen gibt! Uiuiui! Innerer Schweinehund, äußere Ablenkung, Angst vor dem inneren Kritiker, zu wenig recherchiert, zu viel recherchiert, zu wenig Zeit, zu viel Druck ... Das alles trifft es nicht so richtig. Weil ich aber nur in Kapitel 7 nicht schreiben kann, anderes aber sehr wohl geht (einen Blog einrichten, im Forum posten, E-mails schreiben und sogar die Idee fürs Nachfolgewerk vorantreiben), diagnostiziere ich, dass ich eigentlich überhaupt nicht an einer Schreibblockade herumdoktere, sondern an ganz etwas anderem. "Kopfknoten" gebe ich schließlich als Suchbegriff ein und lande beim Fliegenfischen oder bei der Java-Programmierung. Faszinierend, beides, hilft nur leider nicht weiter, außer dass es mich erfolgreich zwanzig Minuten von der Arbeit abgelenkt hat.

Disziplin, Nel, konzentrier dich!

Nein, eigentlich sieze ich mich in solchen Situationen, um die professionelle Distanz zu wahren. Also: Ich bitte Sie, Frau Blu, reißen Sie sich doch endlich zusammen!

Ich reiße mich also endlich zusammen und besinne mich, wie immer, wenn gar nichts anderes mehr hilft, aufs Handwerk: Im Zweifelsfall streiche alles Unnötige. Und siehe da, kaum entzieht man dem Dialog die Möglichkeit zum Mäandern, fließt der Text wieder und spült das "[...]" davon.

Sollte der gute alte Mark Twain am Ende doch recht gehabt haben? "Schreiben ist leicht." hat er gemeint. "Man muss nur die falschen Wörter weglassen."

Donnerstag, 6. Oktober 2011

Hoch hinaus


Ein beliebter Witz im alemannischen Sprachraum dreht sich darum, dass jemand sich lauthals darüber beschwert, von einer Schnecke umgerannt worden zu sein. Auf die Frage, wie das denn passieren konnte, die anklagende Antwort: "Der Schneck isch vu hinte cho."

So eine Begegnung war es nicht.

Als ich vom Spaziergang zurück kam, saß mitten an der Hauswand, in etwa fünf Meter Höhe, eine Schnecke. Sie muss schon an der Wand gesessen haben, als ich losgegangen bin, denn ein Schneckentempo ist etwa drei Meter pro Stunde schnell. Was bewundernswert ist. Ein wahres Höllentempo, wenn man bedenkt, dass das arme Vieh ein ganzes Haus im Gepäck hat. Ich zumindest wäre mit einem Haus auf dem Buckel nicht so schnell. Vor allem nicht eine Steilwand hinauf.


Was sie da will, hat sie mir nicht verraten. Vielleicht weiß sie es auch nicht genau, was sie da will. Vielleicht dachte sie einfach: "Ich geh dann mal los, mal sehen, wie weit ich komme." Vielleicht hat sie auch gar nichts gedacht, und vielleicht sollte ich mir auch nicht so viele Gedanken um einen Schneck machen.

Schnecken sind nun nicht gerade als Sinnbild für Ambition und Zielstrebigkeit bekannt. Aber ich bin sicher, die Schnecke wird eines Tages ankommen.

Sie hat Zeit.  

Sonntag, 2. Oktober 2011

In Blau gemaltes Blau

Mein echter Name ist eigentlich kein richtiger Name, sondern mehr ein Sammelbegriff. So etwa wie eine weibliche Version von "Hans Meier". Als Johanna Meier[1] hat man es schwer, aus der Masse von Johanna Meiers herauszustechen. Johanna Meier ruft jeden Geheimdienst auf den Plan, weil sofort der Verdacht entsteht, hier würde sich jemand ganz Fieses, Böses, Kriminelles hinter einem nichtssagenden Namen verstecken. 

Das Internet ist daher für mich ein wunderbarer Ort, weil ich hier jemand anderes sein kann als Johanna Meier, und mir sogar dazu den passenden Namen aussuchen kann. Als ich für den Blaugrün-Blog an meinem Gastbeitrag arbeitete und dafür nach einem passenden Pseudonym mit blau oder grün suchte, setzte sich mir das Lied "Nel blu dipinto di blu"[2] ins Ohr und weigerte sich über mehrere Tage hinweg, mein Ohr wieder zu verlassen.

ABBA haben diesen Titel nie interpretiert, Zappa jedoch schon und bestimmt Hunderte anderer Sänger, Sängerinnen und Gruppen. Es ist eines der bekanntesten italienischen Lieder, auch wenn die meisten es unter "Volare" von Dean Martin kennen. Anders als beim englischen Blues ist das in blau gemalte Blau dieses Liedes eine unbestritten fröhliche Farbe. Ein Blau, das wie ganz speziell angemischt schien für den heiteren Ton, die ich meinem Beitrag für Blaugrün geben wollte. "Nel Blu" – wieso nicht? 



Volare! Cantare! 
Nel blu dipinto di blu – felice di stare lassú. 

Kurt Tucholsky, der für ein kleines Magazin unter mehreren Namen schrieb, sagte über seine Pseudonyme: "... schon setzten sie sich zurecht, wurden sicherer, sehr sicher, kühn – da führten sie ihr eigenes Dasein."

Für ihr eigenes Dasein werde ich meinem alter ego eine sehr lange Leine lassen. Ich bin gespannt, wo Nel Blu noch mit mir hin will. Auf jeden Fall wünsche ich ihr immer genügend Luft unter den Flügeln.

E incominciavo a volare nel cielo infinito.

Nur eins noch: Falls sie anfangen sollte zu singen, holt die Fliegenklatsche!


[1] Name von der Redaktion geändert
[2] von Domenico Modugno und Franco Migliacci